Das Privacy Magazine "prima" wird vom Berliner Datenschutzbeauftragten zusammengestellt und herausgegeben. Die regelmäßigen - an Wochentagen täglichen - Ausgaben enthalten eine Übersicht von datenschutzrelevanten Berichten der (von uns) ausgewählten Berliner und überregionalen (deutschen) Presse. |
Ausgabe vom 23./24. Januar 1999
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"Datenscheckheft neu aufgelegt" MoPo 23.1.99 S. 12
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"Streit über Speicheltests / Düsseldorfer
Datenschützerin Sokol kritisiert 'Rasterfahndung'
Nach dem niedersächsischen Datenschutzbeauftragten Gerhard
Dronsch hat jetzt auch seine nordrhein-westfälische Kollegin Bettina
Sokol schwere Bedenken gegen die von der Polizei vorgenommenen Massenspeichelproben
erhoben. ... Nach Auffassung der Düsseldorfer Datenschutzbeauftragten
Sokol kommen Speicheltests dieser Größenordnung 'Rasterfahndungen'
gleich, bei denen viele Unschuldige unter 'sozialem Druck' gezwungen würden,
ihre Unschuld zu beweisen. Diese Umkehr der Beweislast sei ein Verstoß
gegen elementare rechtsstaatliche Prinzipien, wonach der Staat jedem Verdächtigen
seine Schuld beweisen müsse. Erschwerend komme noch hinzu, daß
diese problematischen Speicheltests 'bislang nur' Identifizierungszwecken
dienten, doch könne man angesichts der rasanten Forschung bei der
Auswertung der DNA 'überhaupt nicht wissen, was demnächst alles
möglich ist'. Deswegen seien auch die Persönlichkeitsrechte der
Betroffenen stark berührt, erklärte Bettina Sokol in Interviews.
Ihre Thesen hat jetzt der Chef des Düsseldorfer Landeskriminalamtes,
Hartmut Rohner, für 'schlichtweg falsch' erklärt. ... Die offen
auf freiwilliger Basis durchgeführten DNA-Reihenuntersuchungen seien
mit Rasterfahndungen nicht vergleichbar, bei denen ein Datenabgleich ohne
Wissen der Betrofenen erfolge, ... . ... Im übrigen würden die
Speichelproben aller Unschuldigen in Übereinstimmung mit dem Datenschutzgesetz
sofort vernichtet. ... Intern hieß es dazu noch im Landeskriminalamt,
man sei 'fassungslos über die an den Haaren herbeigezogenen' Argumente
Sokols. Wenn man deren Empfehlungen tatsächlich folge, werde solcher
'Datenschutz zum Täterschutz'." Welt 23.1.99
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"Das Patientengeheimnis ist nicht mehr sicher / Gefahren
für Schweigepflicht und Datenschutz in der Medizin"
... 'Die ärztliche Schweigepflicht ist heute durchlöchert wie
ein Schweizerkäse', hieß es beim 22. Symposium für Juristen
und Ärzte der 'Kaiserin-Friedrich-Stiftung für das ärztliche
Fortbildungswesen' in Berlin, ... . Was der Arzt vom Patienten vertraulich
erfährt, muß er für sich behalten, denn sonst kann kein
heilsames Vertrauensverhältnis entstehen, betonte der Bundesdatenschutzbeauftragte
Joachim Jacob. ... Unkenntnis der Regelungen über Schweigepflicht
und Datenschutz scheint unter Ärzten wie Patienten, Behörden
wie Versicherungen weit verbreitet zu sein. ... Auch die Ärzte wurden
von den Juristen gewarnt, ihren Patienten einfach irgend welche Formulare
zur Unterschrift vorzulegen, ohne sie vorher gründlich über die
möglichen Folgen der Freigabe ihrer intimsten Daten aufzuklären.
'Der Patient muß wissen, zu welchem Zweck seine Daten weitergegeben
werden', sagte der Bundesdatenschutzbeauftragte. Sonst gilt die Unterschrift
nicht. ... Manche Ärzte wissen offenbar gar nicht, was in der (Muster-)Berufsordnung
steht: 'Der Arzt hat dem Patienten auf dessen Verlangen grundsätzlich
in die ihn betreffenden Krankenunterlagen Einsicht zu gewähren; ausgenommen
sind nur diejenigen Teile, welche subjektive Eindrücke oder Wahrnehmungen
des Arztes enthalten.'" Tsp 24.1.99 S. 27
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"Schlechte Zeiten für Sozialamts-Betrüger
/ Das neue Computerprogramm 'Basis 3000' ist mit anderen Bezirksämtern
vernetzt - und wirft automatisch 'Schwarze Listen' aus
... Das ... angewendete Programm 'Prosoz' ermögliche die
Erstellung interner Listen über die Fallbearbeitungen mit den genauen
Daten der Bedürftigen. Allerdings müßten die Daten von
den Mitarbeitern auf ihre Validität geprüft werden. Außerdem
sei es mit diesem Programm nicht möglich, die insgesamt 10 000 'Kunden'
des Sozialamtes nach 'Verdächtigkeit' zu sortieren - beispielsweise
mit einer Liste, die besonders häufig zum Abholen von Geldern erschienene
Personen aufzählt. Oder solche, die wie der Türke zu oft wegen
nicht näher spezifizierter 'Beihilfen' vorstellig werden. ... Am Montag
stellt Sozialsenatorin Beate Hübner (CDU) das neue Programm für
die Sozialämter vor: mit 'Basis 3000' soll alles besser werden. 'Die
Programmierer gehen auf unsere individuellen Wünsche ein', so Sozialstadträtin
Vogelsang. Außer der erwähnten vollautomatischen Ausgabe von
'schwarzen Listen' erhofft sich die Politikerin vor allem von der Vernetzung
mit den Rechnern anderer Bezirksämter Verbesserungen bei der Identifizierung
von Sozialbetrügern. 'Dann wird es nicht mehr möglich sein, an
drei Ämtern gleichzeitig Sozialhilfe zu kassieren.' Bis die Betrüger-Daten
jedoch wirklich durch den Berliner Behörden-Draht fließen, wird
noch viel Wasser die Spree herunterfließen ... ." Welt 23.1.99
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"Brüsseler Spitzel / Hinter verschlossenen Türen
plant die EU ein länderübergreifendes ABHÖRNETZ, mit dem
sie E-Mails, Web-Telefonate und Faxe bespitzeln kann. Datenschützer
und Politiker sind entsetzt
... Arbeitsgruppe Polizeiliche Zusammenarbeit des EU-Rats. ...
In einem internen Papier mit dem mysteriös klingenden Namen Enfopol
fordert die Arbeitsgruppe, daß Zollämter und Geheimdienste auf
den gesamten Fernmeldeverkehr zugreifen dürfen. ... So sollen die
Abhörschnittstellen jedes EU-Landes jedem anderen EU-Mitgliedsstaat
die Fernüberwachung ermöglichen. ... Nicht genug damit, daß
die EU alles über ihre Bürger wissen möchte, sollen auch
noch die Vereinigten Staaten, Kanada, Australien und Neuseeland mitlauschen
dürfen. ... Daß sich anhand der ausspioniereten Einzeldaten
'detaillierte Persönlichkeitsbilder' der Überwachten erstellen
lassen, beunruhigt den schleswig-holsteinischen Landesbeauftragten für
den Datenschutz, Helmut Bäumler. Der 'Datenhunger' der EU-Experten
gehe so weit, daß sie Daten zu den Internet-Domain-Namen erheben
wollen, um Website-Bastler zu identifizieren." com!online 2/99 S. 24 ff.
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"Der Innensenator schließt aus, der Generalstaatsanwalt
prüft, der Justizsenator schweigt / Manipulierten Polizei und Justiz
Computer, um Kollegen zu schützen? Dieser Vorwurf soll geklärt
werden - doch der Innenausschuß strich das Thema von der Tagesordnung
... Obwohl die Namen der beschuldigten Polizisten bekannt waren,
wurden sie nicht in den Computer eingetragen, in dem alle Namen von Beschuldigten
gespeichert sind. Auch im Computer der Staatsanwaltschaft tauchen die Namen
der Polizisten nicht auf." Tsp 23.1.99 S. 10
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"Freistellungsaufträge / Gläserne Sparkonten
... Bislang mußten die Banken lediglich angeben, in welcher
Höhe ein Freistellungsauftrag für ein bestimmtes Konto oder Depot
erteilt wurde. Künftig jedoch, so heißt es im neuen Paragraphen
45 d des Einkommensteuergesetzes, müssen sie auch die Höhe des
tatsächlich ausgeschöpften Freibetrags dem Bundesamt für
Finanzen melden." FINANZtest 2/99 S. 11
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"Kryptographie und die Kraft des Faktischen / Die Sorgen
des Bundeswirtschaftsministeriums sind nicht geringer geworden / US-Regierung
will nur schwache Verschlüsselung zulassen
... Im Frühjahr will das Bundeswirtschaftsministerium Nägel
mit Köpfen machen. Anfang Februar soll ein Bericht zur Kryptopolitik
vorgestellt weden, der die Bedeutung der Verschlüsselungsmechanismen
für die Wirtschaft auslotet. Wenig später will das Wirtschaftsressort
zusammen mit dem Innen- und Justizministerium Kryptoguidelines mit 'liberalem
Duktus' verabschieden. ... Doch selbst wenn Regierungen weltweit noch keine
Einigung im Bereich Key Recovery gefunden haben, so könnte die Privatwirtschaft
in 'vorauseilendem Gehorsam' die von der US-Regierung gewünschten
Fakten schaffen: Zahlreiche Kryptoausrüster beugen sich bereits den
'Standards' der US-Administration, um den bedeutenden amerikanischen Markt
nicht zu verlieren. ... 'Das Referenzprodukt ist Lotus Notes von IBM',
weiß Andy Müller-Maguhn, Pressesprecher des CCC. ... ...wird
momentan die gesamte Bundeswehrverwaltung mit Lotus Notes ausgerüstet.
... Auch die Deutsche Bank befriedigt das Austauschbedürfnis ihrer
Mitarbeiter mit einem Intranet auf der Grundlage des Groupware-Standards.
Gegen 'Gelegenheitslauscher' reiche der Verschlüsselungsschutz, den
Lotus Notes biete, ... . ... Key Recovery ist wie letztlich jede Technologie
für viele Zwecke zu gebrauchen. In den USA gilt die gesamte Kommunikation
von Mitarbeitern während ihrer Arbeitszeit als Firmeneigentum. Kaum
ein Unternehmenschef bringt daher Verständnis für einen Angestellten
auf, der sich nicht in seine Email schauen lassen will." Tsp 24.1.99 S.
30
"Frankreich verschlüsselt
Premierminister Lionel Jospin hat am Dienstag in Paris ein Aktionsprogramm
vorgestellt, um den Rückstand Frankreichs bei der Nutzung des Internets
aufzuholen. ... Die Verschlüsselung elektronischer Post sei eines
der wesentlichen Mittel, um die Kommunikation und das Privatleben zu schützen
und angesichts zunehmender elektronischer Spionage dringend geboten. Damit
ändert die französische Regierung ihre bisherige Haltung. Frankreich
hatte 1996 ein Gesetz erlassen, das die Computer-Benutzer zwang, ihren
Schlüssel bei den Sicherheitsbehörden zu hinterlegen. Wer kryptographische
Verfahren mit Schlüsseln über 40 Bit benutzte, dem drohten bis
zu sechs Monate Haft. Diese Vorschrift wird jetzt abgeschafft, weil sie
das größte Hindernis nicht nur für die Bürger beim
Schutz ihrer Privatsphäre, sondern auch für den E-Commerce sei."
Tsp 24.1.99 S. 30
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"Behörde fordert 'Ariernachweis' / PDS-Anfrage
zu Schikane im Landeseinwohneramt
... Auskunft will man vom Senat zu befremdlichen Vorgängen
um die Verlängerung des deutschen Personalausweises und des ebenso
deutschen Reisepasses einer Berlinerin. ... Seit 27 Jahren lebt die gebürtige
deutsche Staatsbürgerin in der Bundesrepublik als Kind von Übersiedlern,
die keinen Einbürgerungsantrag stellen mußten. ... ...soll die
Frau den Berliner Beamten - unabhängig von der mit Geburtsurkunde
und Ausweis bestätigten Identität - zusätzlich einen 'Abstammungsnachweis'
beibringen. ... ...Aussage des Einwohneramtes bestätigt, daß
die Staatsangehörigkeit laut Meldegesetz zu überprüfen sei."
ND 23./24.1.99 S. 9
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"PRO & CONTRA / Sollen Ämter über Straftäter
in der Nachbarschaft Auskunft geben?
Staakener Eltern machen mobil: Sie wandten sich öffentlich
gegen die Justiz, weil in ihrer Nachbarschaft zwei wegen sexuellen Mißbrauchs
von Kindern vorbestrafte Männer leben sollen. In einigen Gemeinden
der USA können Bürger sich informieren, ob in ihrem Viertel wegen
solcher Delikte Vorbestrafte wohnen. Haben Anwohner ein Recht, dies zu
erfahren - oder wird dadurch die Privatsphäre von Menschen zu Unrecht
verletzt?" Tsp 24.1.99 S. 10
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